Samstag, 30. April 2016

30-07

Joseph Chadwick: REITER AUS DEM NICHTS. AWA-Verlag München [1956] (247 S.) [= Lockender Westen] - OT: Rider from Nowhere (deutsche Übersetzung von Hansheinz Werner)

Matt Kirby, Besitzer der mächtigen Espada-Ranch, lässt den Satteltramp Ed Hazzard auspeitschen, nur weil dieser sich ein Pferd borgen wollte. Hazzard schwört fortan bittere Rache und droht, dem mächtigen Kriby die Ranch wegzunehmen. Zuerst finden das alle ganz lustig, aber nach und nach stellt die mächtige Espada-Ranch fest, dass sie sich bitter in Ed Hazzard getäuscht hat.
Zur gleichen Zeit trachtet der gewissenlose Brownlee mit seinen Revolverhelden nach der Ranch. Er lässt die "Armut-Rancher" unter Bewachung der Revolverschar einen großen Teil der Weide der Espada einnehmen. Die mächtige Ranch sieht sich überrumpelt, Kirby wird schwer verwundet. Schwere Zeiten brechen für die Espada an. Und ausgerechnet Ed Hazzard, der Satteltramp, soll die Ranch retten...

Ein Roman um Ehre, Recht und Stolz, Armut und Macht. Es ist wirklich wunderschön zu lesen, wie der anmaßende "Grosse", der ein ganzes Reich beherrscht, doch so viele verwundbare Stellen hat. Der arrogante Kirby muss gleich zweimal feststellen, dass sein Imperium doch nicht so sicher ist, wie er immer glaubt; einmal durch den Satteltramp Ed Hazzard, der anfangs übel und herablassend behandelt wird und sich dann doch als schlauer und fintenreicher Kämpfer zeigt, zum anderen durch den hinterlistigen Brownlee, der durch sein listenreiches Intrigenspiel die anschließend noch viel größere Gefahr darstellt.

Der Leser hat eine unbedingte Sympathie für Ed Hazzard, dem körperliche und mehr noch seelische Grausamkeiten widerfahren, indem er einfach ausgepeitscht wird. Man kann seinen Haß, den Chadwick in vielen Passagen deutlich zum Ausdruck bringt, völlig nachvollziehen. Allerdings lässt sich der spätere Wandel, der im Laufe der Erzählung vollzogen wird, ebenso nachvollziehen. Als Hazzard auf den schwer verwundeten Matt Kirby stößt, ist der Haß plötzlich verraucht. Er rettet dem verhaßten Rancher sogar das leben, indem er ihn auf die Ranch bringt.

Reiter aus dem Nichts ist ein glaubhaft geschilderter, von klarer, realistischer Sprache durchzogener Roman, bei dem die Spannung nicht abreißen will. In den Dialogen steckt "Musik". Man liest eben halt einen richtigen Western alter Schule. Wunderbar dargestellt ist auch das ständige Ränkespiel zwischen Kirbys verwöhnter Tochter Flammy, die sich ausgerechnet in den Satteltramp Hazzard verliebt, während dieser ihr allerdings einen Korb nach dem anderen gibt.

Für mich hat Joseph Chadwick mit Reiter aus dem Nichts einen weiteren Beitrag seines Könnens als echter Western-Autor geliefert und eine Story kreiert, die ich persönlich in einem einzigen Abend durchgelesen habe, ohne das Buch auch nur ein einziges Mal aus der Hand zu legen.
Es ist schade, dass es in Deutschland nicht allzu viele "Chadwick"-Veröffentlichungen gibt.
(R. S. Stone)