DER LETZTE HÜGEL.
Fritz Mardicke Verlag Hamburg-Poppenbüttel 1951
(264 S.) - OT: Rim of the Desert
"Shane" einmal aus der Sicht von Haycox - nur etwas früher als das Buch von Jack Schaefer. Rim of the Desert erschien im Jahre 1941 zum ersten Mal in den Vereinigten Staaten in Buchform. Da hatte Jack wahrscheinlich noch gar nicht an seinen späteren Klassiker Shane gedacht.
Dennoch gibt es zwischen Haycox Protagonisten Keene und Shane einige Parallelen. Das Thema ist auch ähnlich gestaltet: Grossrancher gegen Siedler und dazwischen der Mann, der sich unerschrocken auf die Seite der Schwachen stellt und dem Großen so richtig die Zähne zeigt.
Der Tramp Jim Keene kommt nach "Prairie-City" und wird Zeuge, wie Jesse Morsepeare, ein wüster Hombre der "Zerbrochenes Gebiss"-Mannschaft, einen Siedler in den Staub schlägt. Und fortan beschließt Keene, zu bleiben. Er ist ein Mann, der Ungerechtigkeiten nicht ausstehen kann. Dort, wo die Schwachen gegen die Großen zu kämpfen haben, ist er zugegen und ficht diesen Kampf zugunsten der Schwachen aus.
Die junge Aurora Brant verliert ihren Vater, dessen Lebensinhalt es war, stets ziellos von Ort zu Ort zu wandern. Aurora hatte dieses Leben gehasst und beschließt nach dem Tode des Vaters, in die Hütte eines ermordeten Siedlers zu ziehen, um dort einen Store für die Siedler im Tal zu eröffnen. Sie zieht sich natürlich den gewaltigen Hass von Grat dePard zu, des uneingeschränkten Herrschers der Gegend und Besitzer des "Zerbrochenen Gebiss", dessen Ziel es ist, die Siedler aus dem Land zu jagen. Dabei ist dem machtgierigen dePard jedes Mittel recht. Natürlich ist es klar, dass sich der Fremdling Jim Kane auf Auroras Seite stellt. Es kommt zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen dem "Zerbrochenen Gebiss" und den Siedlern ...
Mit diesem Roman hat Haycox mal wieder einen ganz wunderbaren Western geschrieben, der sich meiner Meinung nach würdig mit Tiefer Westen (Deep West), Mann im Sattel (Man in the Saddle) und Sattle und Reite (Saddle and Ride) auf eine gemeinsame Ebene stellen lässt.
Interessant an diesem Werk ist auch die Beziehung Keenes, der ja ein unstetes Leben führt und auch oft äußert, nach getaner Arbeit das Land wieder verlassen zu wollen, zu der bodenständigen Aurora, die ihr ganzes Leben lang mit ihrem Vater durch die Lande zog und dieses unstete Leben hasst. Da ist auch noch die schöne Ranchertochter Porita Cleeve, eine offen- und warmherzige Frau, die sich brennend für den harten Keene interessiert. Sie bildet den starken Gegensatz zu der scheinbar gefühlskargen Aurora. Klar, dass sich die beiden Frauen nicht sonderlich grün sind. Das hat Haycox in einigen Passagen wunderbar in seiner berühmt spröden Sprache in Szene gesetzt.
Jim Keene ist der schweigsame, harte Mann, der augenscheinlich nur zufrieden ist, wenn er kämpfen kann. Zeit seines Lebens hat er sich den Menschen verschrieben, die schwach sind. Er hasst alles, was mit Machtgier zu tun hat. Wie auch in anderen Romanen von Haycox kommen die weiteren Charakterisierungen der einzelnen Personen deutlich zur Geltung. Je tiefer man in den Roman eindringt, desto mehr erfährt man von den Starken und Schwachen, den Bösen und Guten. Und weil bei Haycox nicht unbedingt gleich alles schwarz oder weiß ist, gibt es auch mal die eine oder andere gute Seite eines der Bösen und auch mal die etwas schlechtere Seite eines der Guten.
Der letzte Hügel [in Deutschland meines Wissens nur im Mardicke Verlag erschienen und später im gleichen Verlag erneut als gekürzter Heftroman (Erdball-Romane, Nr. 218)] ist für mich wieder mal ein Beweis dafür, dass Haycox mein Lieblingsautor ist. Frakturschrift des Buches hin oder her: Der Roman ist einfach Klasse ... (R. S. Stone)
Amerikanische Paperbackausgabe innerhalb der Armed Services Edition N-9, erschienen während des Zweiten Weltkriegs. Die ASE-Ausgaben waren für die Mitglieder der amerikanischen Streitkräfte in Übersee bestimmt und erschienen in sehr hohen Auflagen. Man könnte sie - obwohl deutliche Unterschiede bestehen evtl. mit den deutschen Feldpostausgaben vergleichen. (Karl Jürgen Roth)