Dienstag, 17. Mai 2016

17-05

Thomas Jeier,
Wohin der Adler fliegt
(Wien : Verlag Carl Ueberreuter 2010)
ISBN: 978-3-8000-5559-3 -
272 S., gebunden - 14,95 €

Der Untertitel des Romans lautet 'Das Leben der Elaine Goodale' - und zwar geht es um einige Lebensabschnitte: Die Jahre, die die junge Pädagogin im Westen verbringt, um ihr engagiertes Eintreten für ein vernünftiges Bildungssystem für indianische Kinder, um ihre politische Arbeit - aber auch um ihre Freundschaft zu Indianern um ihre Liebe zu Charles Eastman und um die tragischen Ereignisse, die 1890 zum Massaker bei Wounded Knee führen.

Thomas JEIER, der sich schon seit Jahren immer wieder in Sachbüchern, Romanen und Erzählungen mit dem Schicksal der amerikanischen Ureinwohner auseinandersetzt, legt hier einen historischen Roman vor, der vor dem Hintergrund der amerikanischen Geschichte des ausgehenden 19. Jahrhunderts und anknüpfend an ein indiviuelles historisches Schicksal gekonnt über die damaligen Ereignisse informiert, der vor allem aber auch erzählt und unterhält.

Seine Elaine Goodale, eine junge engagierte Frau aus dem 'zivilisierten' Neuengland, lebt mit den Indianern (eingangs wird eine gemeinsame Jagdpartie geschildert), sie hat indianische Freundinnen und Freunde, aber manche Aspekte der indianischen Kultur bleiben ihr dennoch rätselhaft. Elaine ist ein Mädchen, welches Identifikationspotential besitzt - dies finde ich für eine Romanheldin höchst wichtig - und sie ist eine durchaus emanzipierte junge Dame, die es versteht ihre Ansichten durchzusetzen. Sie nimmt sich der Fragen an, die sie berühren und - darin ähnelt sie Protagonistinnen in anderen Büchern Jeiers - Elaine ist stark genug, diese Probleme zu lösen. Ihre persönliche Beziehung zu dem jungen indianischen Arzt Charles Eastman ist nicht unkompliziert, ihre indianische Freundin Weasel Woman agiert für Elaine teils unverständlich und das Massaker von Wounded Knee gegen Ende der Geschichte bedeutet trotz der optimistischen letzten Sätze des Buches auch ein Scheitern der US-Indianerpolitik.

JEIER ist mit WOHIN DER ADLER FLIEGT - ein Lob für das ausdrucksstarke Einbandfoto - ein bemerkenswertes Buch für Jugendliche und Erwachsene gelungen, welches eindrücklich belegt, dass der Autor der zur Zeit wohl wichtigste deutschsprachige Vertreter dieser Art von populären historischen Romanen ist: Bücher, frei von falscher Sentimentalität oder einseitiger Parteinahme, dabei aber durchaus eigene Positionen beziehend - und insbesondere gut und spannend zu lesen. (Karl Jürgen Roth, Oktober 2010)